31 August 2005

Alles Banane

Diese Banane fand ich heute vormittag auf einen Gartenzaun in Hamburg gespießt. Ich hätte sie übersehen, wenn mich nicht ein Rentner vor mir gefragt hätte, ob ich sie nicht mitnehmen wolle. Etwas überrascht antwortete ich, ich sei doch nicht aus der DDR. Sorry, das rutschte mir so raus und ist der allgemeinen Alltagserzählung geschuldet.
Er meinte wohl nicht wirklich mich, als er sich ereiferte, uns, den Deutschen, ginge es wohl immer noch zu gut. So eine Banane einfach aufn Zaun zu spießen. Er wünsche den Deutschen, nur für ein halbes Jahr, mehr nicht, wirklich, die Zeiten Ende der 40er zurück. Dann würden wir es vielleicht wieder lernen.
Ich habe mich nicht entschließen können, die Banane mitzunehmen: Meine Mama hat mich gelehrt, nichts von der Straße aufzuheben und es zu essen. Nun gut, sie steckte aufm Zaun.

23 August 2005

Hamburger Tageszeitungsanalyse

Die Hamburger Medien haben sich der Bundestagswahl angenommen. Besonders wird die Linkspartei beobachtet und ihr Auftreten kommentiert.
Der Hamburger Journalist Wulf Beleites analysiert die Äußerungen der schreibenden Kollegen in einem Blog. Der Linke Kanal hat er sein Blog genannt.

Ein interessantes Projekt.

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14 August 2005

Schulden und Geldlosigkeit

Die Schulden der Industrieländer sind ins Gigantische gewachsen. Des Einen Schulden sind des Anderen Guthaben. Müssen wir uns Sorgen machen? Vielleicht dann, wenn eine bestimmte Anzahl von Gläubigern nicht mehr an Zinszahlungen oder Rückzahlungen glaubt. Die Folgen eines Zusammenbruchs des Geldsystems wären immens: Insbesondere die Metropolen würden innerhalb kurzer Zeit ohne jede Versorgung dastehen. Nimmt man die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zum Thema Schulden, summiert einfach alle dort aufgeführten Schulden und Verbindlichkeiten des Bundes, der Länder, Gemeinden und Zweckverbände, teilt diese Summe durch die rund 80 Mio. Bundesbürger, erhält man eine Schuldenbelastung von rund 18.000 Euro pro Kopf. Darin enthalten sind jeweils Schulden bei öffentlichen Haushalten und sogenannte Kassenverstärkungskredite. Läßt man die weg, landet man immerhin noch bei 17.436 Euro pro Kopf Bundesbürger, 80 Mio gerechnet.
Der Berg wächst, und das überall. In die oben genannten Summen ist nicht eingerechnet, was an Schuldendienst von anderen zurückfließen wird. Natürlich fehlen auch die privaten Vermögen in der Bundesrepublik, die ein Vielfaches der Schulden betragen. Unter Berücksichtigung dieses Gedankens ist zu überlegen, wie der Berg abgetragen werden könnte.

Bernd Rila schreibt in einem Beitrag des mittlerweile stillgelegten Gästebuches der FU Berlin (http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/gaestebuch/20050207.html) "Eine kontrolliert herbeigeführte Katastrophe, welche die Auswirkungen eines Krieges in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht simuliert, könnte der Befreiungsschlag für eine existentiell bedrohte Wirtschaft sein. Hierzu müssten praktisch über Nacht in einer gigantischen Wertevernichtungsaktion alle Schulden auf Null gestellt werden und in einem weiteren Schritt den vorhandenen Guthaben belastet werden. Dies muss für private als auch staatliche Schulden gleichermassen gelten. Jedem Bürger – egal ob arm oder reich – müssen diese Schulden und Verbindlichkeiten gleichermaßen auferlegt werden. Möglichkeiten wären gesetzlich auferlegte Kredite oder Zwangsschuldscheine. In der Konsequenz hätte jeder Deutsche gleichermaßen ca. 30.000,- Euro private Schulden. Auf der anderen Seite wäre der Staat komplett entschuldet und ohnehin zumeist uneinbringbare private und gewerbliche Schulden wären ebenfalls gestrichen."
Auf die Diskussionen dort bin ich gestoßen über einen Link zum Thema Brakteat. Dr. Paul C. Martin hält den Gedanken, dass die Hohlpfennige im Mittelalter für den Wirtschaftaufschwung verantwortlich gewesen seien, für Schwachsinn. (http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kritik/brakteatmaer.html) Dazu gibt es eine Replik von Eckard Siemer (http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/kritik/replik.htm)

Letzlich geht es um die Frage nach einer gerechten Beteiligung aller Bürger an den geistigen und weltlichen Gütern dieser Gesellschaft. Nicht die Arbeitslosigkeit ist das Problem, sondern die Geldlosigkeit eines großen Teils der Bevölkerung, nicht nur in Deutschland. (http://www.klaus-krusche.de/kreutzer.htm) Der letzte Link bereitet mir erhebliche Bauchschmerzen, da vieles, was dort auf den Seiten steht, mit meinen Ansichten nicht übereinstimmt, insbesondere die skurrile oder soll ich sagen, absurde Aufforderung, einer Unschuldserklärung beizutreten. Anderseits wird dort das Thema des Geldumlaufs behandelt, einer gerechten Verteilung von Partizipationsmöglichkeiten, Herr Schröder würde, vielleicht von Brakteaten keine Ahnung habend, von Teilhabe sprechen. Der meint aber wohl etwas ganz anderes.
Absenkung der Löhne, direkt oder indirekt, Verringerung der sozialen Sicherheitsstandards, Bevorzugen der Großunternehmen und des großen Finanzkapitals, das führt alles zu Verwirrung und zu einer Untergangsstimmung, die vermutlich gerechtfertigt ist.

12 August 2005

Pilger nach Köln

Der Weltjugendtag in Köln wirft seine vermuteten Terrorschatten auf die ganze Welt. Tausende von Katholiken, Priester und Nonnen dürfen nicht in das gelobte Land einreisen: 600 Philipinos und Philipinas sitzen in Manila fest, weil sie keine Visa für Deutschland bekommen. Auch Kameruaner sind nicht erwünscht: Der Bischof von Limburg, Franz Kamphaus, protestierte gegen die Verweigerung von Visen für Afrikaner. Pulitzer.de, siehe Link, berichtet, dass alle Polizeihubschrauber der Bundesrepublik in Köln zusammengezogen würden. Das könne zu Sicherheitslücken im übrigen Land führen.
Das Auswärtige Amt scheint vom heiligen Eifer erfüllt zu sein, das Risik der Folgen heiligen Eifers gering halten zu wollen. So verständlich ich auch Sicherheitsvorkehrungen finde, so problematisch erscheint mir doch solche Praxis. Nicht nur, weil Deutsche irgendwann im Ausland unerwünschte Subjekte werden könnten. Wer sich mit hohen Mauern umgibt, fängt sich selber und kann nicht mehr nach außen sehen.

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08 August 2005

Neue Zeitung

Eine neue Tageszeitung im Internet, die Linkszeitung, will ihren Lesern alternative Kost bieten. Die ältesten, von mir gefundenen Meldungen, stammen vom 12. Juli 2005. Online ging sie, eigenem Bekunden zufolge, am 1. August 2005. Ein Lob auf die Kollegen, die eine Mailingliste pflegen, in der schon acht Tage später der Link zu finden ist. Ohne sie würde ich wohl noch immer ohne die Kenntnis dieses neuen Erzeugnisses blind im Netz herumirren.
Die Zeitung kommt im heute üblichen Dreispalten-Look daher, beruht auf "Mambo", ist in München beheimatet und bietet die in in der Zwischenzeit obligatorischen Tipfehler, wie sie auch die gedruckten Verwandten zuhauf aufweisen.
Chefredakteur ist Werner Jourdan, weitere weitere sechs Mitarbeiter werden im Impressum genannt.
Das Izeit schreibt in der Selbstdarstellung:
„Wir machen eine Online-Zeitung für jedermann“, sagt Werner Jourdan (50), frisch gebackener Chefredakteur der Linkszeitung. „Nur die etwas andere Perspektive, die Sicht von unten und die Parteinahme für die vermeintlich kleinen Leute, unterscheidet uns von anderen Nachrichtenmedien“, so der gelernte Zeitungs- und Hörfunkjournalist. Die Linkszeitung will ansonsten von Parteien und Politikern unabhängig bleiben. „Wir nehmen uns einfach die Pressefreiheit“, sagt Jourdan und verspricht seinen Lesern: „Wir werden gründlich recherchieren, frech schreiben und uns durch nichts und niemand kaufen lassen.“

Viel Erfolg!

Wenn es eines Tages tatsächlich die versprochenen Geschichten von unten gibt, Transparenz bei der Herkunft der Meldungen, kann aus dem Kind etwas werden.

In den Foren der neuen Links-Partei wird das Izeit mit gemischten Erwartungen aufgenommen. Es gebe schließlich Indymedia und weitere 100 alternative Quellen.
Wenn der gleiche Gedanke aus unterschiedlichen Quellen kommt, vielleicht wird seine Wirkung so verstärkt? Immerhin kennt Google schon mehr als 11.000 Links bei der Suche nach "Linkszeitung". Das finde ich am Tage 8 Ihres Bestehens bemerkenswert.

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03 August 2005

Arbeitsmarkt

Auf der Seite Modemo.org finden sich die Zahlen der Arbeitslosen Hamburgs. Außerdem die Zahlen der SGB II-Bezieher, gemeinhin auch Hartz IV genannt. Insgesamt sind es in Hamburg schlappe 181.427 Menschen, die mit 345 Euro plus Miete leben müssen. Der Gipfel des Service der Montagsdemonstranten wäre es gewesen, die Zahl der offenen Stellen gleich mit aufzuführen. Gerne auch bundesweit. Die dort genannten 160.946 Arbeitssuchenden könnten sicher einen großen Teil des Bedarfs decken. Ja was sag ich, auf der Statistikseite Destatis finden sich für Juli 447.100 offene Stellen - in der Bundesrepublik - wohlgemerkt.

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02 August 2005

Zu viel Geld für Azubis

Der Deutsche Industrie und Handelskammertag findet (August 2005), dass deutsche Auszubildende zu viel Geld bekommen. Er schlägt vor, die Vergütung auf 270 Euro pro Monat zu reduzieren. Ziel des Vorschlages sei es, die kleineren Unternehmen zu entlasten, damit diese wieder mehr Ausbildungsplätz bereitstellen.
Wer sich die Bewerberzahlen ansieht, die pro Ausbildungsplatz bei den Unternehmen eintrudeln, kann die Begehrlichkeit verstehen: Wenn, wie mir von einem Fall bekannt, auf drei Ausbildungplätze in der Filiale eines Kaufhauses 2000 Bewerbungen auf einen Ausbildungsplatz als Einzelhandelskaufmann eingehen, warum sollen die Unternehmen dann überhaupt noch Geld dafür bezahlen, dass sie die jungen Leute ausbilden? Genommen wurden in dem Fall nur Abiturienten. Früher mußte man Lehrgeld zahlen. Sollten wir das nicht wieder einführen, um die 160.000 Lehrplätze zu schaffen, die noch fehlen? Zurück ins 19. Jahrhundert, aber marsch marsch. Das paßt auch in die Neue Politik, die ab September zu erwarten ist.
Aber im Ernst: Die Politik jammert über fehlenden Nachwuchs, die Unternehmer über fehlende Motivation der jungen Leute, der DGB beklagt fehlende Ausbildungsplätze und die CDU-Frau Katharina Reiche findet die Senkung laut Tagesschau einen bedenkenswerten Vorschlag.
Schaue ich mir die Unternehmenslandschaft an, so stelle ich fest: Die hundertausend kleinen Betriebe, der Bäcker um die Ecke, der Kolonialwarenhändler, der kleine Im- und Exporteur, die Kohlenhandlung, der kleine Schreiner- oder Tischlerbetrieb etc, sie sind alle verschwunden. Sie alle haben früher Lehrlinge eingestellt, auch weil es sich für sie gerechnet hat, nicht wegen der geringen Zahlungen, die spielten spätestens im zweiten Lehrjahr keine Rolle mehr. Jeder Lehrling kann ein Lied davon singen, wie er, auch und gerade in kleineren Betrieben, nicht nur ausgebildet, sondern auch am Kunden beschäftigt wird, also sein Geld möglichst schnell einspielen muß. Da die Betriebe den Gesetzen der Marktwirtschaft zum Opfer gefallen sind, fehlen auch die Ausbildungsplätze. Am dualen Ausbildungssystem aber soll nicht gerüttelt werden. Hier wird die ausbildungswillige Jugend in Geiselhaft genommen für ein System, dass sich einen Dreck um die beteiligten Menschen schert, sondern diese nur als zu minimierenden Kostenfaktor der einzelbetrieblichen Kalkulation sieht.
Übrigens: In NRW beträgt die Ausbildungsvergütung im Damenschneiderhandwerk im ersten Lehrjahr 160 Euro. Vielleicht wären diese Azubis dankbar für eine Anhebung.
Wer zahlt eigentlich die Kosten für einen jungen Menschen im Alter von, sagen wir einmal 18 oder 19 Jahren, der sich ja wohl mit einem Gesamteinkommen pro Jahr von 1920 Euro nicht ernähren, kleiden und behausen und vergnügen kann?

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