28 April 2005

Zinseszins

Sie haben einen Pfennig und legen den mit 6 Prozent Zinsen an. Welchen Betrag erhalten Sie, wenn Sie das Kapital 100 Jahre lang stehen lassen und der Zinssatz auf Kapital und Zinsen gleichmäßig 6 Prozent beträgt?

Welchen Wert erhalten Sie, wenn Sie das Kapital 200 Jahre lang stehen lassen und die Verzinsung weiterhin 6 Prozent beträgt?

Welche Summe kommt heraus, wenn Sie das Kapital noch einmal 100 Jahre mit 6 Prozent verzinsen?

Die Frage wird auch bei Wikipedia behandelt.
Die Formel dafür lautet:

Kn = K0(1 + p)n

  • Kn: Endkapital

  • K0: Startkapital

  • p: Zinssatz

  • n: Intervalle des Anlagezeitraums (z.B: Jahre)

Auf der Seite von Josi Bennöhr kann man komfortabel ausrechnen lassen, wie sich Zinsen und Endergebnis nach der einstellbaren Zahl von Jahren entwickeln. Er kommt bei einer Anlage von einem Cent auf 44.971.009.060.36 Euro nach 500 Jahren.

Was soll uns das? Stellen Sie sich einfach einmal vor, Sie beginnen heute nicht mit dem einen Pfennig oder Eurocent, sondern gleich mit 40 Millionen Euro. Die haben sich nach 14 Jahren fast verdoppelt auf 79.197.263,98 Euro, also 79 Mio Euro. Wohlgemerkt bei einem Zinssatz von 6 Prozent. Sie als kleiner Sparer bekommen die zwar nicht, aber wenn Sie einen Kredit aufnehmen und diesen nicht tilgen und auch keine Zinsen zahlen, beginnen Sie nach den 14 Jahren mit der doppelten Summe.

Eine kleine Grafik kann diese Entwicklung verdeutlichen:

Des Einen Guthaben sind des Anderen Schulden. Zinsen sind leistungslose Einkommen. Der Schuldner zahlt ja nicht nur seine Schulden, sondern einen überschießenden Betrag zurück, Begründet wird das alternativ mit dem Risiko des Gläubigers oder dem entgangenen Gewinn, den er hätte, würde er sein Geld in die Produktion realer Güter stecken. Jedenfalls haben sich Schulden aufgehäuft, in der Bundesrepublik inzwischen rund 1,2 Billionen Euro. Jemand, der viel Geld übrig hatte, hat Herrn Eichel und seinen Kollegen in den Ländern und Gemeinden dieses Geld geliehen. Er hatte es übrig und erhoffte sich davon einen schönen Gewinn. Wenn das mit dem Schuldenmachen so weitergeht, werden nicht nur die Schulden, sondern auch die Zinszahlungen eines Tages das Bruttosozialprodukt der BRD übersteigen. Selbst bei Teiltilgung ist dieser Tag nicht mehr so fern. Anders ausgedrückt: Die gesamten Leistungen unserer Volkswirtschaft eines Jahres werden nicht mehr ausreichen, die Zinsen dieses Jahres zu bezahlen. Dann müssen Schulden aufgenommen werden, um die Zinsen zu bezahlen. Dem steht aber keine Leistung mehr gegenüber.

Banal ausgedrückt führt das zu einem Zustand, in dem 80 Mio Menschen ein Jahr lang umsonst arbeiten, nicht mehr essen und trinken dürfen, keine Energie, keine Rohstoffe etc verbrauchen dürfen, um die Zinsen zu bezahlen.

Laßt uns also öffentliche Schulden machen und im rechten Augenblick weltweit keine Schulden mehr bedienen. Alle, und das dann sofort. Was dann passiert, muß ich mir erst noch ausmalen.

15 April 2005

Brakteaten

Diese Silbermünzen, die etwa vom Jahr 1120 an vor allem in Süddeutschland als Zahlungsmittel, genannt "Dünnpfennig", rund 200 Jahre lang in Gebrauch waren, sind einseitig geprägte relativ große Stücke von etwa 1,3 Gramm mit meist hervorragendem künstlerisch gestaltetem Prägebild. Der Dünnpfennig stand dem Dickpfennig gegenüber, der zweiseitig geprägt war und auch der "GutePfennig" gennant wurde, obwohl er inflationsbedingt ständig an Wert verlor.
Für uns heute ist diese Münze interessant, weil sie eine Art von Regionalwährung war, die ein bis zwei Mal pro Jahr ihre Gültigkeit verlor. Da ich jetzt keine Zeit habe, das im Einzelnen zu erklären verweise ich auf eine Internetseite, die zu diesem spannenden Thema und zur Frage des Wesens des Geldes und warum es sinnvoll sein kann, ganz viele Schulden zu machen, Erhellendes und Nachdenkenswertes liefert. Viel Spaß beim Stöbern!

13 April 2005

Kommerzkultur

Der folgende Link führt zu einem Glaubensbekenntnis besonderer Art. Hat mich beeindruckt, wenn ich auch noch nicht ganz überzeugt bin. Aber sollte vielleicht jeder Konsument auswendig lernen und einmal pro Tag aufsagen.

Keine Zielgruppe


Schnüffel-Entwicklungsland

Spiegel online schreibt am Ende eines Berichts über Schnüffelsoftware auf den PCs von Angestellten: "Deutschland ist im Vergleich zu den USA oder Großbritannien noch ein Entwicklungsland bei der Überwachung am Arbeitsplatz. In den Vereinigten Staaten kontrollieren die großen Unternehmen nach Schätzungen etwa 80 Prozent der Computer. Die Mitarbeiter müssen nicht einmal unterrichtet werden, und Kündigungen auf Basis der Logdateien sind erlaubt. Soweit ist man hierzulande noch nicht, aber kontrolliert wird dennoch fleißig. Und wer den Spion nicht entdeckt, wird auch nicht klagen."
Wie schrecklich, dieses Entwicklungsland. Muß schnell geändert werden. Big Brother Blair läßt grüßen.

Chinesische Sprachkünstler

Zehntausende von Chinesen haben gegen japanische Schulbücher demonstriert. Die ansonsten repressive chinesische Regierung ließ sie gewähren. "Japanisches Schulbuch treibt Massen auf die Straße" titelt der Tagesschau-Online-Nachrichtendienst. Hä?
Wer treibt wen? Das Schulbuch die Massen, klar doch. Nehmen wir das einmal nicht wörtlich, wundere ich mich doch über die exzellente Sprachbeherrschung junger chinesischer Männer des Japanischen. Ohne ein ernsthaftes Urteil abgeben zu können, erscheinen mir die chinesische wie die japanische Sprache als schwierig. Haben die Tausende alle die Schulbücher gelesen? Und wenn ja, was hat sie dazu veranlaßt? Haben Sie, potentieller Leser, schon einmal ein französisches oder polnisches Schulbuch in der Hand gehabt und dann auch noch die Veränderungen in der Darstellung bestimmter Ereignisse in verschiedenen Ausgaben verfolgt? Nicht? So, so.
Die Japanischen Invasoren waren vor und während des Zweiten Weltkriegs Besatzer, deren Brutalität denen anderer Invasoren und Kolonialherren in nichts nachstanden. Hielten sie sich doch für den Gipfel der menschlichen Entwicklung und zum Herrenmenschen geboren. Das nun angeprangerte Massaker an Chinesen in Nanking soll 200.000 oder 300.000 Tote gefordert haben. Japan hat sich meines Wissens nicht dafür entschuldigt, Sühne geleistet, Buße getan.
Das ist moralisch sicher verwerflich, aber japanische Soldaten, Feldherren und andere Herren reihen sich gut in den geschichtlichen Kreis von Unterdrückern ein, die die menschliche Geschichte bisher kennt. So weit, so bekannt.
Die Medien geben aber keine Hinweise darauf, was die chinesischen Demonstranten veranlaßt, sich ausgerechnet jetzt mit japanischen Schulbüchern zu beschäftigen und in der Folge japanische Kaufhäuser, Konsulate und Geschäfte zu stürmen und zum Boykott japanischer Produkte aufzurufen. Die Organisation sei über das Internet möglich geworden. Das aber soll, hört man, von der Regierung heftigst überwacht sein. Demzufolge können Fraktionen der chinesischen Regierung nichts damit zu tun haben?
Ich kann nicht nach China fahren, um selber zu recherchieren. Dafür leisten sich Zeitungen, Zeitschriften und Funk und Fernsehen Korrespondenten vor Ort. Darf ich erwarten, nicht nur mit platten Beschreibungen zugeworfen zu werden, sondern den Ansatz von Verständnis für diese befremdlichen Vorgänge geliefert zu bekommen? Nicht? Schade auch.
Nun will ich nicht ganz ungerecht sein. Der Stern schreibt: "Das Gefühl des Nationalismus soll die Chinesen einen, und vereint fühlt man sich am leichtesten in Abneigung gegen andere. Schon seit einiger Zeit nutzen die Machthaber in Peking den Nationalismus als Instrument, um ihre Herrschaft zu stabilisieren. Den emotionale Protest gegen den Nachbarn nutzt die chinesische Regierung als Ventil für die steigenden sozialen Spannungen im Land. Wenn sie sich verrechnen sollten, könnte der chinesische Nationalismus das Riesenreich und seine Nachbarn in den Abgrund reißen." Ein wenig weiter heißt es: "Mit Misstrauen beobachtet heute Peking, wie Ministerpräsident Junichiro Koizumi eine stärkere militärische Rolle Tokios auf internationaler Ebene anstrebt, sich für Taiwan zuständig sieht und die Volksrepublik China als militärische Bedrohung beschreibt. Dabei ist Koizumi auf Pekings Unterstützung für seinen Wunsch nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat angewiesen."
Geht es darum, den wirtschaftsmächtigen Nachbarn zu stutzen?
Mit Rußland und Südkorea gibt es Auseinandersetzungen um Inseln, die jeder für sich reklamiert. Japan stützt Taiwan, dass sich nach dem jüngsten chinesischen Militärgesetz noch bedrohter fühlt als vorher. Geht es um die Vorherrschaft, vielleicht auch nur die wirtschaftliche, in Südostasien? Wer weiß das schon. Die Medien wohl nicht, aber vielleicht bieten Schulbücher Antworten?

Alles Käse

Eine kleine Randnotiz zum Thema Verwirrung - oder die Verkehrung von Ursache und Wirkung. In einer dpa-Meldung schreibt die taz am 12. 04. 05, die Verbraucher bevorzugten abgepackten Käse, weil sie nicht lange warten wollten. Wer sich die Ödnisse der Kaufhäuser und Discounter anschaut, stellt fest, dass er kaum eine Chance hat, Käse zu kaufen, der nicht abgepackt ist. Je eine Fleisch- und eine Käseverkäuferin, wenn es hoch kommt, kämpfen mit einer Schlange von Kunden im Zehnerpack. Nebenan liegen griffbereit die abgepackten Waren. Gerne würde man ja vielleicht ein größeres, kleineres oder überhaupt ein anderes Käsestückchen haben wollen, aber, wer soll das abschneiden, einwickeln, abwiegen, über die Theke reichen?
Die Unternehmen sparen am Personal, das in der kundenarmen Zeit mit Abpacken von Standardgrößen beschäftigt ist. Griffbereit liegen vier Scheiben Edamer oder 250 Gramm Schweizer Käse, 100 Gramm Brie oder 126 Gramm Grogonzola. Der genervte Kunde greift zur Packung: Hat auch den Vorteil, dass er als Kunde gezwungen ist, die vorgegebenen Einheiten zu kaufen, und das ist häufig mehr als wirklich gewollt.
Im Ergebnis der Statistik spricht alles für einen weiteren Personalabbau: Weg mit den Menschen, her mit den Packs. Ein Pack, der Böses dabei denkt. Sicher lohnt es sich auch in Kürze für den Einzelmarkt, Maschinen anzuschaffen, die automatisiert schneiden, verpacken und in die Theke räumen. Ein freundliches "Darfs ein bißchen mehr sein?" läuft dann vom MP3-Player. Nur der Plausch mit der VerkäuferIn, der fällt dann weg.
Und die Zeitungen schreiben: "Der Kunde will keine menschlichen Gesichter mehr beim Einkauf sehen!"

12 April 2005

Religion in Berlin

Religion und Schulpolitik führen bei vielen Menschen, so sie nicht in ihrem Sinne bearbeitet werden, zu Erregungszuständen, die den säkularen Bundesbürger befremden kann. Kommen beide zusammen, wie letztlich bei der Entscheidung des Landesparteitag der SPD in Berlin, der einen verbindlichen Ethikunterricht in den weiterführenden Schulen möchte, den fakultativen Religionsunterricht aber auf den Nachmittag verschieben möchte, scheinen bei den einschlägigen interessierten Kreisen die Sicherungen durchzubrechen. Kirchen und anverwandten Kulturinstitutionen mag man die Erregung noch nachsehen, von Journalisten aber, selbst wenn sie konfessionell gebunden sind, muß Leser/Hörer erwarten, dass sie zumindest die Fakten parat haben.
Herbert A. Gorny ist Kommentator bei Deutschlandradio Kultur (D er Link führt leider nicht zu dem Kommentar). Er sah am 10. April 2005 spät abends das Abendland untergehen, fand den Parteitagsbeschluß als "Schande für Deutschland" und verwies am Ende auf die Aussage eines Philosophen, dessen Name mir entfallen ist, dass der Staat auf ethischen Grundlagen beruhe, die er nicht selber schaffe.
Was Herbert A. Gorny nicht erwähnte, nur ein Fünftel der Schüler nimmt am gegenwärtigen Religionsunterricht teil. Alle anderen, also 80 von 100 lassen sich befreien. Diesen kommen die Segnungen der Religion also nicht zu. Im Gegensatz dazu die hehren Absichten von SPD, Grünen und PDS: Jeder Schüler ist verpflichtet, sich mit Werten und Normen auseinanderzusetzen. Ich finde das viel sinniger als einen konfessionsgebundenen Unterricht, dessen Beschränktheit mich aus eigener Schulerfahrung im Nachhinein das Gruseln lehrte.
Christen glauben an den Tod und die Auferstehung Christi. Der Tod kam nicht von ungefähr. Mein katholischer Religionslehrer schaffte es, in meiner armen Kinderseele Wut und Haß auf die Juden zu erzeugen, die sich der römischen Besatzung bedient hatten, den Propheten zu kreuzigen. Doch, ich weiß den Namen dieses Klerikers heute noch. Der christliche Antisemitismus findet in der Bibel Belege und Rechtfertigungen. Die Pharisäer sind noch heute die sprichwörtlichen Heuchler. Es hat mich einiges gekostet, mich von dieser emotionalen Bindung zu befreien.
Vielleicht ist Religionsunterricht heute aufgeklärter, man möchte es hoffen. Ein Ethikunterricht, der allen Schülern spannende Fragen bietet und nicht mit vorgebenen Antworten kommt, ist sicher das Gegebene, betrachtet man den vielfältigen kulturellen Hintergrund, aus dem Schüler heute kommen.
Absurd finde ich dann Positionen, die in Kauf nehmen, große Teile der Jugend von der Wertevermittlung auszunehmen, nur um für einige wenige die reine Lehre anbieten zu können. Wer soll denn den jeweilig ungläubigen Mädchen und Jungen beibringen, auf welchen Werten diese Gesellschaft beruht? Wer ihnen Toleranz und Selbstverantwortung, Gemeinsinn und Nächstenliebe vermitteln, wenn sie nicht erreicht werden?

09 April 2005

Viel Glück

Viel Spaß und viel Glück wünsche ich mir und Euch/Ihnen zu meinem neuen Blog. Weniger persönliche Bekenntnisse als ein Experiment in Netztheorie sollen feine Zeichen einer Vernetzung werden, die über die virtuelle Sphäre hinaus in das richtige Leben greift. Angeregt durch die Schwarmtheorie von Stephan, der an dieser Stelle noch nicht weiter erläutert wird, wird zu testen sein, welche Schwärme durchs Netz ziehen. Die Relevanz von Ereignissen des realen Lebens soll nach dieser Theorie beeinflußt werden von den Schwärmen, die bestimmte Gedanken auf sich ziehen. Diese Gedanken, so die Theorie, sind die originären, neuen. Ich bezweifle ein wenig, ob nach einigen tausend Jahren Menschheitsgeschichte tatsächlich noch Neues gedacht werden kann. Es steht aber zu befürchten, dass auf Grund der Natur des Menschen als zum Lernen verdammtes Wesen, jede Generation tatsächlich neu lernen und damit auch denken muß. Kann also sein, dass Gedanken einer Generation verloren gehen und neu gefunden werden müssen. Das Denken der Einzelnen arbeitet sich an der gegebenen Realität ab, ist belastet durch das Denken der Vorfahren, vielleicht aber auch erleichtert: Schließlich muß das Rad nicht täglich neu erfunden werden.