17 Juli 2005

Aufräumen II


Zeitungen, die mehr als zehn Jahre alt sind, darf man wegwerfen, wenn sie geschäftlich genutzt wurden. Ich räumte meinen Keller auf und fand Sammlungen aus 1993. Das war ein Jahr! In der Bild vom Sonnabend, dem 4. September 1993, mußte "Jackson nackt zum Muttermaltest", der Aufmacher. Unsere Stephanie war noch mit einem Daniel Duruet glücklich und Kanzler Kohl forderte die Deutschen auf: "Deutsche schnallt den Gürtel enger".

Mir schien diese Aufforderung älter als aus 1993, jedenfalls hat sie sich mehr ins nationale Gedächtnis eingegraben als der Herzogsche Ruck, den die Nation durchzitterte. Ausgerechnet Birne, dessen Saumagen ein Zeichen von Bundeswohllebe war, forderte zum Gürtelengerschnallen auf. "Er forderte," schreibt Mainhardt Graf Nayhauss, "'Veränderung in den Köpfen und Umdenken von jedem einzelnen'. Gürtel enger schnallen, Köpfe frei für neue Ideen. Zum Beispiel müßten sich Hochschullehrer künftig Leistungskontrollen gefallen lassen."

Anmerkung am Rande: Darüber sind wir schon - fast - hinaus. Die BRD ist ja nun gerade dabei, ihre Hochschullehrer weitgehend abzuwickeln.

Der Text auf Seite 1 von Bild vom 4. September forderte zum Lesen der Nayhauss-Kolumne auf Seite 2 auf. Die stammt von Paul C. Martin und geht so:
"Gilt auch für Waigel!

Gestern legte der Kanzler ein 'Standort'-Papier vor. Jetzt wissen wir: Deutschland hat da so Probleme...

Auf dem Weltmarkt kommen wir kaum mehr voran - Blei klebt unter unseren Sohlen.

Denn: Deutschland produziert zu teuer - was wunder bei 50 Prozent durchschnittlicher Steuerbelastung auf allen deutschen Waren!

Der Preußenkönig Friedrich der Große sagte: "Ein Staat, dessen Finanzen nicht in Ordnung sind, kann nie Vorbild für seine Bürger sein."

Warum fangen Sie nicht an, Finanzminister Waigel?

Die Bonner Schuldenwirtschaft ist letztlich daran schuld, daß wir überhaupt ein "Standort"-Problem bekommen haben!

PS. Waigel saß gestern neben dem Kanzler. Er hat aufmerksam hingehört."

Fullquote Ende.


Die Jungs durften noch bis 1998 Schulden machen, sie mußten vermutlich. Und mit den 50 Prozent des Herrn Martin, das muß man nicht so ernst nehmen. Mit Ökonomie hatte es Bild noch nie so richtig. Übrigens: Damals waren laut Bild 3.489.600 Menschen arbeitslos. Die übliche Herbstbelebung war ausgeblieben.