26 Juni 2005

Urlaub für die Bäckerin

Meine liebste Backwarenverkäuferin macht Urlaub. Sie bekommt zwei Wochen, sagt sie. Mehr ist nicht drin, weil die Backkette so wenig Personal einstellt. Das sei aber, besserwißte ich, eigentlich nicht zulässig. Im Bundesurlaubsgesetz stünde doch, dass der jährliche Erholungsurlaub möglichst in einem Stück zu nehmen sei.
Ein weiterer Kunde mischte sich ein: Wenn die Bäckerin auf ihrem Urlaubsanspruch bestehe, dann würden eben die Urkrainerinnen geholt. - Aber das hat Herr Fischer doch erfolgreich verhindert, dachte ich mir und beschloß, im Gesetz nachzusehen.
Der Unternehmer könnte Recht behalten: Mindestens zwölf zusammenhängende Arbeitstage muß er Urlaub gewähren, das wäre die Hälfte des gesetzlich zugebilligten Mindesturlaubs. Dass der Urlaub möglichst zusammenhängend genommen werden soll, ist eine andere Sache.
Für mich war damit folgendes klar:
1. Die Ukrainerinnen sind zwar nicht in den Betten, aber im Bewußtsein der Bundesdeutschen angekommen.
2. Die permanente Drohung mit ausländischen, willigen Arbeitnehmern zeigt Wirkung.
3. Die Phalanx aus Politik, Medien und Unternehmerverbänden war erfolgreich.
Hatten wir nicht schon mal am Reformations- resp. Buß- und Bettag einen gesetzlichen Feiertag? Der war doch für etwas geopfert worden, was paritätisch bezahlt werden sollte? Ach ja, 1995 war das. Und es ging um die Finanzierung der Pflegeversicherung. Wenn die nun bald von den Arbeitnehmern selber bezahlt werden soll, bekommen wir dann den Feiertag wieder?
Vermutlich nicht. Die Bäckerin wird sich vor den Arbeitslosen und billigen Ausländern genau so fürchten wie der Kunde. Schließlich müssen wir alle mehr arbeiten, damit es wieder aufwärts geht. Das weiß doch jeder, zumindest jedes Kind und Frau Merkel. Oder etwa nicht?